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Der Weilhart und seine Geschichte

Die meisten Umgebungsgemeinden des oberen Innviertels stehen auf ehemaligem Weilhartboden. Der Wald erstreckte sich ursprünglich von der Salzach im Westen (St. Radegund und Tarsdorf) bis Neukirchen und Feldkirchen im Osten. Besitzer des Weilharts waren zuerst fränkische Könige, dann bis 768 die Agilufinger (die ersten Herzöge in Bayern), unter der Regierung Kaiser Karls des Großen 768 bis 814 war er Reichsforst, und anschließend kam er wieder in Besitz der bayerischen Herzöge. Im Jahr 899 hieß der Wald „Wilhart", im zwölften Jahrhundert ..Willenhart". Dies soll vom Personennamen „Willo" stammen, nach einer anderen Ansicht jedoch daher rühren, dass sich auf seinem Gebiet viele Weiler und Siedlungen mit vier bis sechs Gebäuden befanden.

Es ist sicher, dass kleinere Rodungen des Weilharts auch von freien Bauern vorgenommen wurden, was aus den „freien Eigen" des Gebietes hervorgeht; ihre Zahl war aber nicht erheblich. In späteren Zeiten wurden jedoch viele dieser Bauern zehentpflichtige (10-prozentige Abgabe der Wirtschaftseinnahmen) Untertanen einer Grundherrschaft. Die Rodung wurde hauptsächlich durch Hörige (Leibeigene) besorgt, aber erst im achten Jahrhundert eifriger betrieben und im dreizehnten vollendet. Seither wurden nur noch kleinere Randgebiete abgeholzt. Von 770 bis 1120, also 350 Jahre lang, wurden von der Grundherrschaft auch südslavische Arbeiter aus Steiermark und Kärnten herangezogen, und es ist anzunehmen, dass viele dieser Holzarbeiter hier heimisch wurden. Der gerodete Boden musste dein Urwald in schwerer Arbeit abgerungen werden, hauptsächlich mit Hacke und Säge, aber zudem wurde durch Niederbrennen des Waldes gerodet, woher auch die Namen „Brandstätter" (von Brandstätt) und „Senger" (von Sengen) kommen. Vom Jahre 1853 an wurden die Bezugsrechte der Bayern an Holz und Waldstreu (Servitute) durch Abtretung von Wald abgelöst. Seither haben die Bauern eigenen Waldbesitz. Die Ablösung der Bezugsrechte zog sich etwa zwanzig Jahre hin, weil es viele Bauern nicht wollten. Die Bezugsrechte hießen „Das Urler". Ein mittleres Bauerngut bekam als Urler jährlich 18 Raummeter Holz und 52 Kubikmeter Waldstreu. Wer das Holz nicht selbst machen wollte, musste den Arbeitslohn hierfür bezahlen; die Streu musste sich jeder Bauer selber mähen.

Zusammengelegte Güter hatten öfter zwei Urler, also doppelt so viel Bezugsrecht. Als Ablöse für ein Bezugsrecht bekam ein Gut einen Siebener" (das waren sieben Joch Wald) kostenlos. Ein Zukauf stand frei, sodass die Grenze verbessert oder die Ausmaße vergrößert werden konnten. Der Zukauf war allerdings für damalige Verhältnisse ziemlich teuer. Jetzt haben nun mehr einige Bauern das Urler, alle anderen wurden abgefertigt. Bei der Übergabe des Waldes behielt sich der abtretende Besitzer das Recht der freien Durchfahrt durch die Bauernwälder und das Jagdrecht für sich vor. Das Jagdrecht in den Bauernwäldern ging nach dem Jahre 1918 an die Gemeinden Über.

Bis zum Jahre 1855 war der Weilhart Staatsforst, wurde dann aber an den Grafen Hoyos verkauft. Nach ihm war die Gräfin Reichenbach-Lessonitz Besitzerin, 1912 gehörte er Graf Otto zu Catstell. Heute gliedert sich der Besitz in vier Teile: Carl Graf zu Castell-Castell führt den Hauptbetrieb mit 3.750 Hektar Land. Seine Cousine Clementine von Schönburg-Waldenburg hat in Überackern 500 Hektar, Christoph Prinz zu Salm-Hostmar besitzt in St. Radegund 500 Hektar, und Cousine Alexandrine von Miller zu Aichholz, geborene Gräfin zu Castell-Castell, besitzt in Hörndl 250 Hektar.
Der mächtige Weilhart drückte der ganzen Region seinen Stempel auf. Was die Bauern aus dem eigenen Wald nicht bekamen, kauften sie von der Verwaltung des herrschaftlichen Forstes, der mit 5.000 Hektar den Kern des Waldes bildet. Der Randwald ist bäuerlicher Besitz, sein Ausmaß beträgt 4.000 Hektar. Bis zum Jahre 1779 oblag die Verwaltung des Weilharts dem Forstgericht Burghausen, das um 1752 noch folgende Forstämter hatte: Stegpuchner, Hirschpichler, Hillinger, Huckinger, Treiber, Ruderstaller, Hinterholzer, Poschner, Rottenbuchner, Aichinger, Diezinger, Albrechtsberger und Schachner. Sie verteilten sich in großem Bogen von Hochburg über Tarsdorf, Geretsberg, Eggelsberg, Gilgenberg, Rothenbuch, Schwand und Neukirchen bis Mauerkirchen. In Protokollbüchern der Grundherrschaft Kastenamt Braunau kommen oft diese Bezeichnungen vor: Gericht Oberweilhart, Gericht Unterweilhart. Zu Oberweilhart gehören die Pfarreien des Gerichtsbezirkes Wildshut sowie Überackern, Gilgenberg, Handenberg, Neukirchen und Schwand, zu Unterweilhart die Pfarreien Burgkirchen, Mauerkirchen und das Gebiet östlich davon bis gegen Altheim.

Vor zweitausend Jahren war der Weilhart gut doppelt so groß als heute. Seine äußere Grenze verlief auf einer Linie, die von Ranshofen aufwärts der Enknach geht bis über Dietzing hinauf, allmählich westlich gegen Aschau abbiegt, zwischen Bürmoos und Eggelsberg über Ibm, Franking, Haigermoos, Ernsting, Döstling und Simling läuft, dann auf der Höhe über Staig und Ginshöring bis St. Radegund führt. Von dort bis Rothenbuch war die Salzach die Grenze, und bis Ranshofen hinunter der Inn. Zwischen der ursprünglichen und heutigen äußeren Grenze stehen viele kleine Hölzer und Schacher, als Überreste des einstigen großen Weilharts, zu dem auch der Lachforst gehörte. Die Anrainer des Weilharts gellen kreuz und quer durch den Wald und altbekannte Bezeichnungen erhalten sich fort.

Bis zum ersten Weltkrieg 1914 wurde die Rollbahn (Feldbahn) benutzt, die von der Nähe der Lehmgruben aus mitten durch den Kern des Waldes hinunterführe bis in die Schwaig, zum Holzflößlplalz in Überackern. Sie besteht nicht mehr, auf und neben ihrem Unterbau führt nun eine Straße, auf der Fuhrwerke und Autos rollen. Der Weilhart hat hundertjährigen Umtrieb, es dauert hundert Jahre bis er schlagbar wird - auf schlechteren Böden auch länger. Die höchsten Erhebungen liegen im Kern, das sind die Gänshügel und die Buchberge. Jahrtausende stellt der Weilhart auf dem Gletscherschotter der Eiszeit und ebenso lange gibt er der Heimal ihr trauliches Bild. Als die Bajuwaren kamen und die Siedlungen der Illyrer, Kelten und Römer zu eng wurden, da fiel in den anschließenden Jahrhunderten allmählich der größere Teil des Weilharts. Was heute noch von ihm sieht, wurde schon von den fränkischen Königen, den Agilulfingern und Karl dem Großen für Jagdzwecke benützt und als „Bannwald" erklärt. Dadurch entging er der gänzlichen Abholzung.

Seit unendlichen Jahren rauscht der Weilhart sein weihevolles Lied, zur Erbauung und zum Nutzen der Menschen seiner Umgebung. Nach allen Seilen hin spendet er sein Bestes - den Segen des Waldes.

Quelle: Der Inn-Salzach-Kurier, Ausgabe 90, 23.1.-5.2.2010



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