4.7.2009: Die USA leiden unter dem schlimmsten Waldsterben seit 150 Jahren
Die Wälder Nordamerikas werden von einem Waldsterben heimgesucht, wie es seit 150 Jahren nicht mehr gesehen wurde. Zwei aus Asien eingeschleppte Käfer zerstören gemeinsam mit dem einheimischen Bergkiefernkäfer ganze Landstriche. Rund 250 Millionen Hektar sind bereits zerstört, und Experten fürchten, dass einige Baumarten in wenigen Jahren gänzlich ausgestorben sein könnten.
700 Mrd. Dollar Schaden möglich
Seit 1999 haben die USA im Schnitt ein Prozent ihres Baumbestandes pro Jahr durch Schädlingsbefall eingebüßt. Allein die zwei asiatischen Käferarten könnten laut Regierung Holzbestand im Wert von 700 Mrd. Dollar (rund 500 Mrd. Euro) zerstören.
Einer der beiden, der Eschenprachtkäfer, wurde bereits in 13 US-Bundesstaaten und zwei kanadischen Provinzen gesichtet. Dort ist es bereits unter Strafe verboten, Feuerholz aus den Wäldern weiterzuverkaufen.
Gefahr für die Eschenwälder
Im vergangenen Monat wurde der Käfer auch im Bundesstaat New York gesichtet, der berühmt ist für seine dichten Eschenwälder. Das Holz dieser Bäume ist besonders fest und elastisch und wird zum Beispiel für die Produktion von Baseball-Schlägern verwendet.
Ironischerweise haben die Eschen Ulmen ersetzt, als diese in den 60er Jahren von einem aggressiven Pilz befallen wurden und zu Tausenden eingingen.
Larven fressen sich durch den Stamm
Der Eschenprachtkäfer dürfte Anfang der 90er Jahre aus China eingeschleppt worden sein. Aber erst 2002 konnte er erstmals als Schädling identifiziert werden. Das Problem sind genau genommen nicht die ausgewachsenen Käfer, sondern deren Larven, die bis zu zwei Jahre unter der Rinde der Bäume leben und weit verzweigte Gänge fressen, die schließlich zum Absterben des Baumes führen.
Bis zu 50 Millionen tote Bäume in Michigan und weitere Millionen Bäume in den umliegenden Bundesstaaten gehen auf das Konto der millimetergroßen, weißen Larven.
Alle Maßnahmen bisher gescheitert
Alle Versuche, die Schädlinge zu bekämpfen, sind bisher gescheitert. Förster haben in den Wäldern rund um Scottsville (New York) kleine, klebrige, rosa Boxen an den Bäumen montiert, da der Eschenprachtkäfer angeblich von dieser Farbe angezogen wird. Hunderte Käfer konnten so bereits gefangen werden, doch kein einziger Prachtkäfer war unter ihnen.
Therese Poland vom US-Forstamt hat laut der britischen Zeitung "The Independent" die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass man ein Mittel finden könnte, das diese Käfer anlockt. Überlegungen, auch den natürlichen Feind des Prachtkäfers, eine Wespenart aus China, in den USA heimisch zu machen, wurden bisher verworfen.
Klimaerwärmung fördert die Käferplage
Das einzige Mittel, das die Larven wirklich besiegen würde, wären lange, kalte Winter. Doch dafür stehen die Chancen schlecht. Steve Running von der Universität von Montana beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Effekten der Klimaerwärmung. Erreichten in den 50er Jahren die Temperaturen im Winter im Schnitt minus acht Grad, fallen sie in den letzten Jahren kaum unter null Grad.
"Bei wirklich kalten Temperaturen erfrieren die Larven schon in wenigen Nächten", sagte Running gegenüber der "New York Times" ("NYT"). Doch die warmen Sommer mit wenig Regen würde die Bäume zusätzlich schwächen, und ein schwacher Baum sei ein leichtes Opfer für die Schädlinge, so Running.
Kiefernbestand bereits halbiert
Die zunehmend höheren Temperaturen lassen die Käferpopulationen förmlich explodieren. Auch der Asiatische Laubholzbockkäfer, der vornehmlich Ahorn befällt, und der Bergkiefernkäfer, der den Kiefernbestand in der kanadischen Provinz British Columbia bereits halbiert hat, nehmen überhand.
Käfer regnen auf die Hausdächer
In einigen Teilen des Landes ist die Käferplage so groß, dass die Menschen schon von einem "Käferregen" sprechen. "An einem sonnigen Tag haben Bauern plötzlich Regentropfen auf ihren Blechdächern gehört", sagte Staffan Lindgren, Professor für Entomologie. Doch die "Regentropfen" seien Millionen und Abermillionen schlüpfende Käfer, die auf den Hausdächern landeten, so Lindgren gegenüber dem "Independent".
Eine ganze Stadt ohne Bäume
Besonders sichtbar sind die Schäden in der Stadt Worcester im US-Bundesstaat Massachusetts. Rund 22.000 befallene Bäume mussten gefällt werden, weitere gesunde Bäume fielen im vergangenen Jahr einem Eissturm zum Opfer.
Die Stadt, die ehemals stark bewaldet war, steht nun fast kahl da. Derzeit laufen große Aufforstungsprogramme. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bäume wieder von den Larven befallen werden.
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Issue date: July 5, 2009
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Klimawandel passiert: Nordamerikas Wälder von Käfern gerfressen